Wahlprüfsteine 15.März 2020 OB-Kandidatin: Claudia Halberkamp

Wir haben den Kandidat*innen zur Oberbürgermeisterwahl Lindau 2020 darum gebeten zur Klimaveränderung und notwendigen Maßnahmen generell und in Lindau Stellung zu beziehen. Gefragt wurden:

Wahlprüfstein-Antworten von Claudia Halberkamp

Ausgehend von den Forderungen von Fridays For Future und von der Tatsache, dass entschlossenes Handeln für den Klimaschutz auf allen politischen Ebenen notwendig und möglich ist, bitten wir Sie um die Beantwortung der folgender Wahlprüfsteine:

TEIL 1: klimapolitische Forderungen von Fridays For Future

1. Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist eine ernsthafte Bedrohung, der bei allen politischen Entscheidungen vorrangig zu berücksichtigen ist (Gretchenfrage).

JA – stimme zu
Soziale Gerechtigkeit und sozialer Frieden sind andere wichtige Aspekte.

2. Ab 2035 dürfen nur so viel Treibhausgase ausgestoßen werden, wie durch natürliche Prozesse (Wachstum von Pflanzen etc.) wieder aufgenommen werden können (Nettonull).

JA – stimme zu

3. Der Kohleausstieg, also die Abschaltung aller Kohlekraftwerke, muss bis 2030 abgeschlossen sein.

JA – stimme zu
Geplant ist der Kohleausstieg bis 2038, bzw. bis 2035. Je früher, desto besser.

4. Deutschland muss bis 2035 seinen gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken, auch in den Sektoren Verkehr/Transport und Wärme.

JA – stimme zu

5. Die Subventionen für die Förderung, Verarbeitung und Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Öl und Gas) müssen sofort beendet werden.

Keine Angabe
Subventionen sind teilweise rechtlich noch nötig um die Aufwendungen für Stilllegungen zu decken.

6. Einführung einer CO2-Steuer auf alle Treibhausgas-Emissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut Umweltbundesamt sind das 180 € pro Tonne CO2.

JA – stimme zu
Eine Steuerung scheint notwendig. Über die Höhe kann ich nichts sagen, bekannt ist mir eine Preisfreiabe bis EUR 60 pro Tonne.

7. Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung sind ab sofort Muss-Kriterien bei allen kommunalen Entscheidungen.

JA – stimme zu

TEIL 2: kommunale Wahlprüfsteine für die Stadt Lindau

1. Klimastadt Lindau

1.1 Treten Sie dafür ein, dass Lindau eine Leuchtturmstadt für Klimaschutz wird und eine Vorreiterrolle in Bayern übernimmt?

JA – stimme zu

1.2 Die Neuauflage des städtischen Klimaschutzkonzepts steht in Lindau für 2020 an. Treten Sie dafür ein, dass Stadt und Landkreis Lindau bis spätestens 2035 in allen Sektoren klimaneutral werden?

JA – stimme zu
Klimaneutralität in allen Sektoren ist für Kommune und Landkreis ein wichtiges Ziel und ich werde mich nach Kräften dafür einsetzen.

Wenn JA, werden Sie einen jährlichen Bericht über den Fortschritt des Klimaschutzkonzepts inklusive einer CO2-Bilanz einfordern?

JA – stimme zu

1.3 Sind Sie dafür, zum www.konventderbuergermeister.eu beizutreten? Die Unterzeichner des Konvents der Bürgermeister verpflichten sich freiwillig, bei der Reduzierung ihrer CO2-Emissionen über die EU-Ziele hinauszugehen und Bericht zu erstatten.

NEIN
Ich möchte mir für unsere Stadt in jedem Fall ambitioniertere Ziele als die gesetzlich vorgeschriebenen stecken. Es ist jedoch die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, die manpower in die Umsetzung der Ziele als in die Erstattung von Berichten zu stecken.

1.4 Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ) betrachtet das Wirtschaften nicht nur unter finanziellen Aspekten, sondern bezieht soziale und ökologische Auswirkungen in eine zu veröffentlichende Bilanz ein. Sind Sie für den Beitritt zum Netzwerk der GWÖ mit regelmäßiger Berichterstattung und Auditierung?

JA – stimme zu
Ich stehe absolut hinter dem Gedanken der Gemeinwohlökonomie. Es ist zwingend wichtig, dass wir unser Handeln hierauf ausrichten. Hier gilt für mich jedoch auch, dass mit dieser Zielsetzung nicht zwingend eine Auditierung verbunden sein muss, da es eine Fülle von ebenso sinnvollen Auditierungen (z.B.kinderfreundliche Kommune etc.) gibt, man aber aus Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen nicht an allen Auditierungen mit regelmäßig sehr aufwendigen Prozessen teilnehmen kann.

1.5 Der Klimawandel ist die große Herausforderung unserer Zeit und bringt unsere politische Willensbildung an ihre Grenzen. Sind Sie für die Entwicklung und Etablierung neuer Dialogformen und Begleitung politischer Willensbildung durch Bürgerräte und konsensuale Entscheidungen?

JA – stimme zu

Ihre Vision: Welche Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele werden Sie als erstes verfolgen?

Ich werde dafür sorgen, dass alle noch offenen Maßnahmen aus dem bestehenden Klimaschutzkonzept schnellstmöglich umgesetzt werden. Gleichzeitig muss unser Klimaschutzkonzept maximal ambitioniert fortgeschrieben und mit noch höherer Priorität umgesetzt werden.

2. Mobilität & Verkehr

Die CO2-Emissionen im Sektor Verkehr sind bundesweit die einzigen, die immer noch jährlich steigen.

2.1 Treten Sie dafür ein, für Lindau eine Verringerung des motorisierten Individualverkehrs zu erreichen und den flächendeckenden Ausbau von Fahrrad-, Bus- und Bahninfrastruktur so voran zu treiben, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und das Fahrrad für Endverbraucher stets das wirtschaftlichste Verkehrsmittel ist?

JA – stimme zu

2.2 Sind Sie dafür, dass ein maßgeblicher Teil des Verkehrsbudgets ab 2021 vom motorisierten Individualverkehr in Richtung öffentlichen Personennahverkehr und nicht-motorisierten Individualverkehr entsprechend dem NRVP (Nationaler Radverkehrsplan) umgeschichtet wird?

JA – stimme zu
Ich bin dafür, finanzielle Mittel zur Förderung des ÖPNV und des nicht motorisierten Individualverkehrs bereitzustellen. Vor allem werde ich mich für weitere Fördergelder in diesem Bereich stark machen. Sie müssten mir aber bitte erklären, was genau sie mit „Verkehrsbudget“ meinen, so dass ich die Frage beantworten kann.

2.3 In 2019 wurde ein Nahmobilitätskonzept unter Bürgerbeteiligung erstellt, dass ein ausführliches Radroutennetz für den Alltagsverkehr durch Lindau vorsieht und über 200 weitere Einzelmaßnahmen beinhaltet. Treten Sie dafür ein, dieses mit hoher Priorität und in allen Stufen umzusetzen?

JA – stimme zu

2.4 Tempo 30 innerorts senkt nachweislich die CO2-Emission und verbessert die Sicherheit. Treten Sie für eine flächendeckende Tempo-30-Zone innerorts für das gesamte Stadtgebiet und den Landkreis ein?

NEIN
Aus meiner Sicht kann eine durchgängige Tempo 30 Zone nur dann wirken, wenn gleichzeitig der Verkehr flüssig bleibt und Stop- and Go Phasen vermieden werden. Gegebenenfalls kann man die Effektivtät dieser Maßnahme auf einzelnen zunächst Strecken testen. Ob der CO2 und Schadstoffausstoß bei 30 Km/h tatsächlich am geringesten ist, kann ich nicht beurteilen.

2.5 Sind Sie dafür, dass Kernbereiche in den einzelnen Stadtteilen als „Shared Space“ zur Verbesserung unserer Lebensqualität und der Aufenthaltsqualität auf unseren Straßen und Plätzen konzipiert und umgesetzt werden?

JA – stimme zu
Ich bin für eine Aufwertung des öffentlichen Raumes als Begegnungs-und Aufenthaltsraum. Wir müssen für die einzelnen Stadtteile und Bereiche in Lindau jeweils genau prüfen, was möglich ist und an Ort und Stelle am besten passt. Shares Space bedeutet ja „Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmener“. Das muss jedoch der jeweilige Platz/ Ort aber auch räumlich hergeben.

Ihre Vision: Welche Ideen haben Sie, um den Verkehrsanteil des Stadtbusses von aktuell 8 % wesentlich zu erhöhen?

Noch günstigere Tarife. Sozialverträgliche Ausgestaltung des Tarifsystems, idealerweise für Stadt UND Landkreis. Schüler- (auch ab 10.Klasse) und Seniorentarif.
Behindertengerechte Benutzbarkeit des Stadtbusses.

3. Bauen & Wohnen

3.1 Sind Sie dafür, dass für Lindau bis Ende 2020 ein verbindliches Wärme- und Kälteplanungskonzept ausgearbeitet und so eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030 in Lindau erreicht wird?

JA – stimme zu

3.2 Sind Sie dafür, dass alle Neubauten Plusenergiehäuser werden? Hierfür muss die Nutzung von Photovoltaik (ggf. auch Solarthermie) auf Dächern verpflichtend sein. Auch Dächer und Fassaden von Bestandsgebäuden (Gewerbeparks, Sporthallen, Inselhalle u. Ä.) müssen bei Eignung mit Solarmodulen bestückt werden.

JA – stimme zu
Solarmodule auf dem Dach werden jetzt schon – wo möglich- vorgegeben. Die städtischen Liegenschaten müssen engergieeffizient ausgestattet werden.

3.3 Treten Sie dafür ein, dass alle Bauprojekte der Stadt Lindau ab sofort, wann immer möglich, aus regionalen, kreislauffähigen, schadstofffreien und klimapositiven Materialien zur späteren Wieder- und Weiterverwendung gebaut werden müssen? Der Einsatz von Beton – als einem der größten CO2-Verursacher weltweit – muss auf diejenigen Anwendungen reduziert werden, für die keine Alternativen zur Verfügung stehen.

Keine Angabe

4. Landwirtschaft & Flächenverbrauch

4.1 Treten Sie für einen bewussteren Umgang mit Nahrungsmitteln und für die Verwendung regionaler, biologisch angebauter Produkte an städtischen Einrichtungen (Kantinen, Schulen, Kindergärten, Verwaltung etc.) ein?

JA – stimme zu

4.2 Treten Sie für eine Reduzierung des Fleischkonsums – wie es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt – und für die schrittweise Einführung eines “Meat Days” pro Woche an städtischen Einrichtungen (siehe 4.1) ein?

Keine Angabe
Ich bin für umfassende Information und Erzeihung zu einer bewussten, gesunden und ausgewogenen Ernährung. Es macht aus mehrerlei Gründen SInn, den Fleischkonsum zu reduzieren und vor allem auf die Qualität zu achten. Ein bis mehrere VeggieDays ist das mindeste, was in städtischen Einrichtungen an der Tagesordnung sein sollte.

4.3 Die Neuauflage der städtischen Freiflächensatzung steht für 2020 an. Treten Sie dafür ein, den Einsatz von Pestiziden u. Ä. auf allen öffentlichen Flächen zu verbieten und ein Programm zur Förderung der Artenvielfalt aufzulegen?

JA – stimme zu

Ihre Vision: Der in Lindau pro Einwohner benötigte Wohnraum steigt seit Jahrzehnten an und auch damit der Verbrauch von Ressourcen und Emissionen. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um diesen Trend zu stoppen, um den Flächenbedarf zu reduzieren und landwirtschaftliche und städtische Grünflächen zu erhalten?

Ich werde moderne Wohnformen in den neuen Quartieren durch Konzeptvergaben fördern. Auch ein Tausch von Wohnungen innerhalb der GWG soll gefördert werden, wenn bespielsweise eine ältere Person gerne in eine kleinere Wohnung möchte. Der Erhalt von Frei- und Grünflächen muss als klare Zielvorgabe bei allen städtebaulichen Planungen gelten. In vorausschauender odenbevorratungspolitik muss dies im Flächennutzungsplan entsprechende verankert werden.


Vielen Dank an Claudia Halberkamp!

Claudia Halberkamp wird unterstützt von der SPD und Freie Wähler Lindau.

Lesen sie auch die Antworten der SPD auf unsere Wahlprüfsteine.


Lesen sie hier die weiteren Antworten der OB-Kandidat*innen:

Wir haben auch die Stadtratsfraktionen gefragt: Übersichtstabelle Antworten der Stadtratslisten