Wahlprüfsteine 15.März 2020 Stadtrat: Bunte Liste (Bunte)

Wir haben die politischen Vereinigungen, die zur Stadtratswahl Lindau 2020 antreten darum gebeten zur Klimaveränderung und notwendigen Maßnahmen generell und in Lindau Stellung zu beziehen. Gefragt wurden:

Wahlprüfstein-Antworten von der Bunten Liste

Ausgehend von den Forderungen von Fridays For Future und von der Tatsache, dass entschlossenes Handeln für den Klimaschutz auf allen politischen Ebenen notwendig und möglich ist, bitten wir Sie um die Beantwortung der folgender Wahlprüfsteine:

TEIL 1: klimapolitische Forderungen von Fridays For Future

1. Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist eine ernsthafte Bedrohung, der bei allen politischen Entscheidungen vorrangig zu berücksichtigen ist (Gretchenfrage).

JA – stimme zu

2. Ab 2035 dürfen nur so viel Treibhausgase ausgestoßen werden, wie durch natürliche Prozesse (Wachstum von Pflanzen etc.) wieder aufgenommen werden können (Nettonull).

JA – stimme zu

3. Der Kohleausstieg, also die Abschaltung aller Kohlekraftwerke, muss bis 2030 abgeschlossen sein.

JA – stimme zu

4. Deutschland muss bis 2035 seinen gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken, auch in den Sektoren Verkehr/Transport und Wärme.

JA – stimme zu

5. Die Subventionen für die Förderung, Verarbeitung und Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Öl und Gas) müssen sofort beendet werden.

JA – stimme zu

6. Einführung einer CO2-Steuer auf alle Treibhausgas-Emissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut Umweltbundesamt sind das 180 € pro Tonne CO2.

JA – stimme zu

7. Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung sind ab sofort Muss-Kriterien bei allen kommunalen Entscheidungen.

JA – stimme zu

TEIL 2: kommunale Wahlprüfsteine für die Stadt Lindau

1. Klimastadt Lindau

1.1 Treten Sie dafür ein, dass Lindau eine Leuchtturmstadt für Klimaschutz wird und eine Vorreiterrolle in Bayern übernimmt?

JA – stimme zu

1.2 Die Neuauflage des städtischen Klimaschutzkonzepts steht in Lindau für 2020 an. Treten Sie dafür ein, dass Stadt und Landkreis Lindau bis spätestens 2035 in allen Sektoren klimaneutral werden?

JA – stimme zu
Das muss das Ziel des Klimaschutzkonzeptes sein. Um es in Lindau zu erreichen müssen von Bund und Land viele Rahmenbedingungen verbessert werden.

Wenn JA, werden Sie einen jährlichen Bericht über den Fortschritt des Klimaschutzkonzepts inklusive einer CO2-Bilanz einfordern?

JA – stimme zu

1.3 Sind Sie dafür, zum www.konventderbuergermeister.eu beizutreten? Die Unterzeichner des Konvents der Bürgermeister verpflichten sich freiwillig, bei der Reduzierung ihrer CO2-Emissionen über die EU-Ziele hinauszugehen und Bericht zu erstatten.

JA – stimme zu
Der Konvent der Bürgermeister bietet ein Netzwerk, das sicher hilfreich ist. Auch in Bayern sind bereits Kommunen beigetreten, große wie Nürnberg und eher mit uns vergleichbare wie Neumarkt/Oberpfalz. Ich werde anregen, das der Kreis Lindau ebenfalls beitritt. Gemeinsam sind wir stärker!

1.4 Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ) betrachtet das Wirtschaften nicht nur unter finanziellen Aspekten, sondern bezieht soziale und ökologische Auswirkungen in eine zu veröffentlichende Bilanz ein. Sind Sie für den Beitritt zum Netzwerk der GWÖ mit regelmäßiger Berichterstattung und Auditierung?

JA – stimme zu
Die GWÖ versöhnt Ökologie, soziale Verantwortung und Marktwirtschaft. Sie kann in vielen, kleinen Schritten erprobt und umgesetzt werden und ist damit ein guter Ansatz in Zeiten großer Veränderung.

1.5 Der Klimawandel ist die große Herausforderung unserer Zeit und bringt unsere politische Willensbildung an ihre Grenzen. Sind Sie für die Entwicklung und Etablierung neuer Dialogformen und Begleitung politischer Willensbildung durch Bürgerräte und konsensuale Entscheidungen?

JA – stimme zu
Das ist ein wesentlicher Punkt, der unsere Gesellschaft wirklich verbessern kann. Ich bin mir sicher, weil ich mich mit den Methoden des Art of Hosting, die beispielsweise in der Projektschmiede praktiziert werden, beschäftigt habe. Auch die Grundsätze soziokratischer Organisation bieten tolle Anregungen für eigene Erfahrungen.

Ihre Vision: Welche Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele werden Sie als erstes verfolgen?

Das Klimaschutzkonzept steht an. Bevor das fertig ist, muss aber über die Hintere Insel gesprochen werden. Besonders die Energiegewinnung und Gebäudeheizung und -Kühlung kann klimaneutral sein, wenn jetzt vorgesorgt wird.

2. Mobilität & Verkehr

Die CO2-Emissionen im Sektor Verkehr sind bundesweit die einzigen, die immer noch jährlich steigen.

2.1 Treten Sie dafür ein, für Lindau eine Verringerung des motorisierten Individualverkehrs zu erreichen und den flächendeckenden Ausbau von Fahrrad-, Bus- und Bahninfrastruktur so voran zu treiben, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und das Fahrrad für Endverbraucher stets das wirtschaftlichste Verkehrsmittel ist?

JA – stimme zu
Grundsätzlich ist der öffentliche Verkehr effizienter, weil weniger Fahrzeuge unterwegs sind, die viel mehr Menschen bewegen. Speziell der Busverkehr hat, ähnlich wie beim privaten Auto, hohe Fixkosten. Dafür gibt es noch keine ausreichende Finanzierung. Ich stelle sie mir solidarisch vor, dann können auch die Ticketpreise sinken.

2.2 Sind Sie dafür, dass ein maßgeblicher Teil des Verkehrsbudgets ab 2021 vom motorisierten Individualverkehr in Richtung öffentlichen Personennahverkehr und nicht-motorisierten Individualverkehr entsprechend dem NRVP (Nationaler Radverkehrsplan) umgeschichtet wird?

JA – stimme zu
Es gibt mittlerweile verschiedene Untersuchungen zu den externen Kosten der Verkehrsarten. Dabei schneidet besonders der private Autoverkehr schlecht ab, er verursacht hohe Umwelt- und Gesundheitskosten. Diese werden bisher von der Allgemeinheit getragen. Diese Kosten müssen den Verkehrsarten auferlegt, die Erträge dem bisher benachteiligten Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr zur Verfügung gestellt werden.

2.3 In 2019 wurde ein Nahmobilitätskonzept unter Bürgerbeteiligung erstellt, dass ein ausführliches Radroutennetz für den Alltagsverkehr durch Lindau vorsieht und über 200 weitere Einzelmaßnahmen beinhaltet. Treten Sie dafür ein, dieses mit hoher Priorität und in allen Stufen umzusetzen?

JA – stimme zu
Bisher hatten wir die Strategie, die Nahmobilität mitzudenken wenn eine Straße saniert wurde. Das wird so bleiben, zusätzlich schlage ich eine Strategie zur Umsetzung vor. Darin soll festgelegt werden, wann welche Verbindung fertig sein soll. Daraus ergeben sich dann umgekehrt Maßnahmen, die durch den Nahmobilitätsplan motiviert werden.

2.4 Tempo 30 innerorts senkt nachweislich die CO2-Emission und verbessert die Sicherheit. Treten Sie für eine flächendeckende Tempo-30-Zone innerorts für das gesamte Stadtgebiet und den Landkreis ein?

JA – stimme zu
Selbstverständlich, denn es reduziert Lärm und die Unfallgefahr. Und es ist die Mindestvoraussetzung, um Fahrräder auf der Fahrbahn zu führen. Andernfalls sind baulich getrennte Rad- und Fußwege der einzige Weg zu sicherer und komfortabler Mobilität durch die eigenen Füße.

2.5 Sind Sie dafür, dass Kernbereiche in den einzelnen Stadtteilen als „Shared Space“ zur Verbesserung unserer Lebensqualität und der Aufenthaltsqualität auf unseren Straßen und Plätzen konzipiert und umgesetzt werden?

JA – stimme zu
Besonders wichtig ist es dort, wo wir die Ortsteilzentren aufwerten wollen. Dabei sind zusätzliche Maßnahmen notwendig, um Durchgangsverkehr zu verhindern.

Ihre Vision: Welche Ideen haben Sie, um den Verkehrsanteil des Stadtbusses von aktuell 8 % wesentlich zu erhöhen?

Qualität verbessern durch Pünktlichkeit, Taktverdichtung zu Stoßzeiten, leise Elektrofahrzeuge. Angebot verbessern durch längere Betriebszeiten und Abdeckung bisher nicht erschließbarer Zonen. Der Preis kann sinken, wenn die Finanzierung verbessert wird, durch die steigende Anzahl Benutzer, Quersubvention durch die Parkraumbewirtschaftung im Eigenbetrieb Mobilität

3. Bauen & Wohnen

3.1 Sind Sie dafür, dass für Lindau bis Ende 2020 ein verbindliches Wärme- und Kälteplanungskonzept ausgearbeitet und so eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030 in Lindau erreicht wird?

JA – stimme zu
Ein Kataster für Wärmequellen und -Senken gehört zum Klimaschutzkonzept ebenso dazu wie etwa ein Solarkataster. Daraus und aus den heutigen Verbräuchen lässt sich die Größe der Aufgabe abschätzen.

3.2 Sind Sie dafür, dass alle Neubauten Plusenergiehäuser werden? Hierfür muss die Nutzung von Photovoltaik (ggf. auch Solarthermie) auf Dächern verpflichtend sein. Auch Dächer und Fassaden von Bestandsgebäuden (Gewerbeparks, Sporthallen, Inselhalle u. Ä.) müssen bei Eignung mit Solarmodulen bestückt werden.

JA – stimme zu
Das ist schon wegen des Strombedarfs der Industrie notwendig. Außerdem brauchen wir Überschussstrom für die Sektorenkopplung, etwa zur regenerativen Erzeugung von Wasserstoff.

3.3 Treten Sie dafür ein, dass alle Bauprojekte der Stadt Lindau ab sofort, wann immer möglich, aus regionalen, kreislauffähigen, schadstofffreien und klimapositiven Materialien zur späteren Wieder- und Weiterverwendung gebaut werden müssen? Der Einsatz von Beton – als einem der größten CO2-Verursacher weltweit – muss auf diejenigen Anwendungen reduziert werden, für die keine Alternativen zur Verfügung stehen.

JA – stimme zu
Renovieren geht vor Abriss und Neubau. Erst wenn das nicht sinnvoll ist, bauen wir nach diesen Regeln. Hybride Bauweisen gibt es im Geschosswohnungsbau bereits. Voraussichtlich wird es dazu auch Förderung geben, da Holz im Bau eine CO2-Senke darstellt. Um solche Lösungen auch im privaten Bereich zu fördern stelle ich mir eine Förderberatung vor, die diese Mittel den Bauherren zugänglich macht.

4. Landwirtschaft & Flächenverbrauch

4.1 Treten Sie für einen bewussteren Umgang mit Nahrungsmitteln und für die Verwendung regionaler, biologisch angebauter Produkte an städtischen Einrichtungen (Kantinen, Schulen, Kindergärten, Verwaltung etc.) ein?

JA – stimme zu
Ja, mit der Priorität Regional vor Bio. Also regionale Produkte zu verwenden, wenn aus der Region keine biologisch erzeugten verfügbar sind. Generell soll sich die städtische Beschaffung an Gemeinwohlkriterien orientieren.

4.2 Treten Sie für eine Reduzierung des Fleischkonsums – wie es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt – und für die schrittweise Einführung eines “Meat Days” pro Woche an städtischen Einrichtungen (siehe 4.1) ein?

JA – stimme zu
So halte ich es für mich auch. Generell ist in öffentlichen Küchen täglich ein vegetarisches Gericht sinnvoll, das durch die „Meat Day“ Option ergänzt werden kann.

4.3 Die Neuauflage der städtischen Freiflächensatzung steht für 2020 an. Treten Sie dafür ein, den Einsatz von Pestiziden u. Ä. auf allen öffentlichen Flächen zu verbieten und ein Programm zur Förderung der Artenvielfalt aufzulegen?

JA – stimme zu
Ein Verbot von Schottergärten haben schon wir beantragt

Ihre Vision: Der in Lindau pro Einwohner benötigte Wohnraum steigt seit Jahrzehnten an und auch damit der Verbrauch von Ressourcen und Emissionen. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um diesen Trend zu stoppen, um den Flächenbedarf zu reduzieren und landwirtschaftliche und städtische Grünflächen zu erhalten?

Die steigende Zahl an kleinen Haushalten ist eine Ursache. Hier sind neue Wohnformen gefragt, die private, gemeinschaftliche und öffentliche Flächen neu aufteilen. Durch die dazu notwendige Gemeinschaft wird auch Einsamkeit vorgebeugt. Gemeinschaftlicher Besitz, wie bei einer Genossenschaft, macht flexibel. Wohnungswechsel ohne Mietpreissteigerung erlaubt es, bei sinkendem Bedarf zu große Wohnungen frei zu machen.


Vielen Dank an die Bunten Liste Lindau ! Die Antworten sind identisch mit den Antworten von Daniel Obermayr.


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